Wahrscheinlich ist mein TB nicht der richtige Platz um darüber zu berichten, aber ich war mir nicht sicher wo ich das reinstellen soll. Es ist ja doch ein sehr subjektiv gefärbter Bericht über die Veranstaltung letzten Samstag, und ich erhebe in keinster Weise den Anspruch auf Vollständigkeit!!
Also. Thema war Lebensqualität. Es gab insgesamt drei Vorträge. 1. Beeinträchtigung der Lebensqualität bei MS. 2. Kognitive Beeinträchtigung durch MS 3. Sexualität und MS Ich werde jeden Vortrag so gut ich kann zusammenfassen und in drei Teile gliedern weil ich denke nicht jeder Vortrag ist für jeden gleich interessant. Vom ersten Vortrag sind vor allem zwei Dinge bei mir hängengeblieben. Zum einen die Tatsache, dass nach zehnjährigem Krankheitsverlauf nur mehr 50% aller Erkrankten voll berufstätig sind. D.h. bei einem Durchschnittsalter von ca. 30 Jahren zu Beginn der Erkrankung, kann man davon ausgehen dass die Hälfte der 40jährigen MS-Patienten nicht mehr voll arbeiten können. Ist einerseits erschreckend, andererseits aber auch aufbauend, wenn man - so wie ich - in Frühpension ist, und erfährt, dass es so viele sind die einfach nicht mehr können. Der zweite Punkt war eine Statistik in der die subj. Beeinträchtigung der Lebensqualität gemessen wurde. Dass wir MSler gegenüber der gesunden Vergleichsgruppe in allen gemessenen Bereichen "gewonnen" haben ist nicht weiter erstaunlich. Dass wir gegenüber der zweiten Verlgeichsgruppe (chron.Schiefhals) aber in den meisten Bereichen vorneliegen schon. Hauptproblem ist (wie könnte es anders sein) CFS. Die Einschränkungen durch die chron.Fatigue wirken sich neben den logischen Folgen wie Antriebslosigkeit und verminderung der sozialen Kompetenzen auch auf die finanzielle Situation der Betroffenen massiv aus (siehe oben). Das alles sind Dinge die wir als Betroffene zwar ohnehin am eigenen Leib erfahren, aber es ist sicher wichtig dass immer wieder darauf hingewiesen wird, und sich auch die Ärzte immer wieder bewußt machen wie einschränkend die Müdigkeit für uns ist. Vertigo war so lieb und hat sich auf die Suche gemacht nach den Grundsätzen die durch die int. MS-Gesellschaft festgelegt wurden. Den link hat sie ins Forum gestellt. Es ist das ein 60 Seiten Papier in dem festgehalten wurde was wir für Rechte und Bedürfnisse haben. Bei dem Vortrag hat Prof. Vass einige Punkte daraus aufgegriffen, und es lohnt sicher sich damit etwas auseinanderzusetzen. Insgesamt war dieser Vortrag eher eine Aufzählung der Fakten die uns im Alltag einschränken und unsere Lebensqualität vermindern. Allgemeingültige Lösungen konnten natürlich nicht angeboten werden. Nur die Aufforderung dass wir uns solidarisieren, unsere Krankheit bekanntmachen und gemeinsam Voraussetzungen schaffen um unsere Lebensqualität zu verbessern. Bei der abschließenden Diskussion gab es allerdings eine Wortmeldung die euch vielleicht genauso zu denken gibt wie mir. Eine Dame sagte sinngemäß dass sie fast dankbar ist für ihre Erkrankung weil sie sonst nicht der Mensch geworden wäre der sie jetzt ist. Und wenn man darüber nachdenkt muß man ihr recht geben. Gerade in diesem Forum bin ich auf so viele Menschen gestoßen die so positiv denken, dass ich mit dem Allgemeinsatz "Was uns nicht umbringt macht uns stärker" den ersten Teil meines Berichtes schließen möchte.
Der zweite Vortrag "Kognitive Beeinträchtigung durch MS - Gehirnjogging kann helfen!" von Dr. Gisela Pusswald, klinische Psychologen in der Univ.Klinik für Neurologie Wien war für mich z.T. schwer zu verfolgen. Was ich aus diesem Vortrag mitgenommen habe ist folgendes: Es gibt, bedingt durch die MS, eine ganze Reihe an Einschränkungen in diesen Bereichen. Es beginnt bei Konzentrationsstörungen und geht über Wortfindungsstörungen bis zu eingeschränkter Merkfähigkeit. Quintessenz für mich war. Auch in diesem Bereich sollten wir versuchen einerseits unsere Einschränkungen zu akzeptieren, d.h. öfter mal Pausen einlegen, sich mehr Zeit geben um neue Dinge zu lernen, Hilfmittel wie Einkaufsliste und Terminkalender einsetzen, und andererseits unsere Fähigkeiten trainieren. Dr. Pusswald bietet im Rahmen einer Studie ein Trainingsprogramm an. Sie sucht dafür noch Probanden. Nähere Informationen werden auf die HP der MS-Gesellschaft Wien gestellt. Es geht in erster Linie darum festzustellen in welchen Bereichen die Defizite liegen und Strategien zu entwickeln um die Fehlbereiche zu trainieren. Ich kann dazu nur aus eigener Erfahrung sagen, dass es hilft sich Dinge zu suchen mit denen man die "schwächelnden Fähigkeiten" wieder auf Trab bringt. Es sind teilweise ganz einfache Sachen wie Gedichte auswendig lernen, Konzentration und Reaktion mit Spielen wie Tetris trainieren, Sudoku eignet sich gut um die Ausdauerkonzentration zu fördern, das gute alte Kreuzworträtsel hilft Mankos bei Wortfindungsstörugen auszugleichen. Im Prinzip ist es vor allem wichtig zuerst einmal festzustellen wo unsere Defizite liegen. Dabei können Tests helfen die von Neuropsychologen durchgeführt werden. Wenn ihr also das Gefühl habt im kognitiven Bereich Defizite zu haben die euch beeinträchtigen, dann redet mit eurem Neurologen darüber. Das ist es vor allem was ich aus diesem Vortrag mitgenommen habe, wobei meine Merkfähigkeit da schon ziemlich nachgelassen hat
Der dritte Vortrag stand unter dem Titel "Sexualität und MS - Wie kommt die Lust zurück?" von Dr. Brigitte Stöger, Ärztin für Allgemeinmedizin im KH Bruck/Mur, Neurologie. Zuerst wurden wir mit einer Statistik konfrontiert lt. der 70%!!! aller MS-Patienten Schwierigkeiten mit ihrer Sexualität haben. Andererseits berichtete Dr. Stöger dass sie in den letzten Jahren ca. 200 MS Patienten betreut hat und nur zwei davon dieses Thema ansprachen. Also auch hier wieder mal die Erkenntnis "ich bin nicht allein mit diesem Problem" (wobei das seit meiner Scheidung ohnehin kein Thema mehr ist ) Lt. Dr. Stöger gibt es allerdings rein medizinisch durch die MS kaum Störungen. D.h. erst in einem relativ späten Stadium und auch dann nur wenn ganz bestimmte Bereiche des Hirnstammes betroffen sind, gibt es eine obj. Störung des Sexualtriebes durch die MS. Der Rückschluß der gezogen wurde lautet also "es spielt sich im Kopf ab". Die Gründe dafür sind allerdings mannigfaltig. Vor allem zu Beginn der Erkrankung spielen Gedanken wie mangelnde Attraktivität für den Partner, Verlustängste u.ä. eine große Rolle. In weiterem Verlauf können dann natürlich Harn-/Stuhlinkontinenz zu einem großen Problem werden. Und selbstverständlich - wie könnte es anders sein - unsere blöde Fatigue, die uns natürlich auch in diesem Bereich oft einschränkt. Ein weiterer Punkt, der zwar nur am Rande erwähnt wurde, mir aber sehr zu denken gab war der Wechsel von Pflegender zu Geliebter. Es ist sicher nicht leicht sich zur feurigen Geliebten zu verwandeln, wenn mir mein Partner kurz zuvor die Windeln wechseln mußte (um es mal ganz krass auszudrücken). Männer haben es in dieser Beziehung (wieder mal) etwas leichter als wir Frauen. In Zeiten von Viagra sind Erektionsstörungen behandelbar, wobei ich zu wenig informiert bin um zu wissen ob dieses Medikament auch auf die Libido Einfluß hat?? Wie auch immer, wichtig ist im Fall von Problemen mit der Sexualität auf jeden Fall das thematisieren. Bevorzugt natürlich mit dem Partner, aber auch da können Therapeuten gute Hilfe leisten. Wenn man darüber spricht!! Die Wogen bei der anschließenden Diskussion gingen jedenfalls ziemlich hoch. Von einigen Zuhörern wurde massiv gefordert, dass die Ärzte dieses Thema von sich aus ansprechen sollten um den Patienten das Überschreiten der Hemmschwelle zu erleichtern. Die Gegenargumentation der Ärzte (allen voran Prof. Vass) war, dass es zum einen in einem normalen Ambulanzbetrieb fast unmöglich ist eine Atmosphäre zu schaffen in der solche Themen ausdiskutiert werden können und zum anderen der Neurologe diesem Problem fast immer relativ hilflos gegenüber steht. Zusammenfassend war der Rat der Vortragenden. Wenn keine medizinische Störung/Erklärung vorliegt sollte man die Hilfe von Psychologen in Anspruch nehmen. Leider ist das Thema Sexualität ja noch immer ein Tabuthema. Da ich aber davon überzeugt bin, dass erfüllter Sex nicht nur für die Partnerschaft, sondern auch für unser eigenes Wohlbefinden wichtig ist (Thema Lebensqualität!!) kann ich mich diesem Rat nur aus voller Überzeugung anschließen. Dr.Stöger wurde zum Ende der Diskussion gebeten eine Zusammenfassung ihres Vortrages ins Netz zu stellen. Sie hat zugesagt das zu machen und wird es auf der HP der MS-Gesellschaft Wien veröffentlichen. So, wenn ihr es geschafft hab bis hierher zu kommen kann ich euch jedenfalls sagen: "Ausdauerkonzentration ist bei euch kein Manko in Bezug auf kognitive Fähigkeiten " Ich hoffe es war ein bißchen was interessantes dabei für euch und würde mich über Rückmeldungen freuen. Alles Liebe und eine ständige Verbesserung der Lebensqualität wünscht euch eure Velenya