Schildert doch mal bitte, wie das war, als Ihr erfahren habt, daß Ihr MS habt.
Wer hat's Euch gesagt? Wo wart Ihr da? Wart Ihr in diesem Moment alleine? Wie habt Ihr Euch gefühlt. Wem habt Ihr es zuerst erzählt?
Ich beginne mal mit mir:
Mit dem MRT-Befund meines Hirns ging ich zu meinem praktischen Arzt, weil ich nicht noch drei Tage länger auf den bereits vereinbarten Termin bei meiner Neuro warten wollte. Irgendwie wußte ich, daß da was nicht stimmt. Ich hatte mich durchs Internet gewühlt und war nach nicht langem Suchen auf MS gestoßen. Mein Freund meinte damals, daß ich sicher keine MS habe. Hätte ich auch gesagt.
Ich zeigte dem Arzt den Befund. Der meinte drauf, daß es kein Krebs und kein Tumor sei und somit nix Schlimmes. Weiters wollte er meiner Neuro nicht vorgreifen. Unverrichteter Dinge ging ich also wieder nach Hause.
Bei dem Termin bei meiner Neuro war eine Ausbildungs-Kollegin von mir mit, die am gleichen Tag Geburtstag hatte. Ihr kleiner Sohn war auch dabei. Ich wurde dann aufgerufen und ging alleine ins Zimmer der Neuro. Sie fragte mich was bei dem MRT rausgekommen sei und meinte gleich: "Wahrscheinlich eh nix!". Ich sagte zu ihr: "Na ob das nix is weiß ich nicht." und gab ihr die Bilder und den Befund.
Daraufhin fing sie an eine Überweisung in ein KH zu schreiben und ich solle dort auf die Neurostation gehen. Die würden mich dann weiter behandeln. Ich saß dort und lauschte gespannt, doch da kam keine Erklärung geschweige denn eine Diagnose von ihr. Irgendwann wurde es mir dann zu blöd und ich fragte: "Hat das was mit MS zu tun?". Sie antwortete: "Ja!". Das war's von ihr. Sonst nix. Nada.
Ich reagierte ziemlich gefaßt, schnappte mir Kollegin und Kind draußen im Warteraum, und dann gingen wir in ein Café. Von dort aus rief ich meinen Freund an. Ich erzählte ihm, was die Ärztin gesagt hatte. Als ich dann wieder zuhause war traf wenig später mein Freund auch ein und überreichte mir einen riesigen Blumenstrauß. Was an dem Tag noch danach passierte bzw. die nächsten zwei Tage weiß ich nicht mehr. Das nächste was ich weiß ist, daß ich dann den Termin im KH hatte und ich mich mit meinem Freund nach dem KH gestritten habe, weil er mit der Situation nicht klar kam und ich auch nicht. Von beiden Seiten aus nur verständlich.
Das ist schon fast 3 Jahre her. Und jetzt kommt er sehr wohl damit klar und ich auch - manchmal mehr und manchmal weniger.
Meinen Eltern habe ich erst ca. 3 Monate nach diesem Neuro-Termin von der MS erzählt.
Ich erfuhr es erst ein Jahr später also 1989. Meine Eltern (beide, trotz Scheidung 13 Jahre vorher, ich wuchs bei meinem Vati auf) wussten es schon seit Diagnosestellung von der Ärztin. Ich war ja damals 1988 erst 15 Jahre alt. Mir war es egal, mein Traumberuf (Schiffsköchin) war dahin. Ich wusste instinktiv, ich muß mich damit arrangieren. Mir sagte es meine Mutter (sie gab mir den Beipackzettel der Pille und sagte: eine der Krankheiten da rauf ist deine. – dann ging ich alle durch und zum Schluß sagte sie multiple sklerose und gab mir ein Uraltbuch wo drinnen stand: schleichender Tod) ich mag meine Mutter nicht, sie ist ja auch der Meinung ich LEIDE nicht an der Krankheit. Doch ich finde schon, dass ich leide.
Bei mir war die Diagnose eigentlich von Anfang an klar. 93 hatte ich als ersten Schub eine Sehnerventzündung. Mein damaliger Schwager war Neurologe in Lainz, mein Bruder ist Augenarzt. Beide tippten sofort auf MS. Allerdings sagte mir mein Schwager dass es gar nicht selten vorkommt, dass man einen Schub hat und die MS dann lange Zeit (manchmal sogar für immer) ruhig bleibt. Bis 98 war das auch so. Da kamen dann ziemlich rasch hintereinander drei Schübe mit Ausfällen der rechten Hand. Ich hatte das Glück gleich bei Prof. Vass im AKH zu landen. Er wollte mir Interferon geben was ich damals (sehr zu seinem Ärger - Zitat `andere würden mir die Füsse küssen für dieses Medikament, und sie will es nicht` ) aber ablehnte. Ich war gerade frisch geschieden und lebte mit meiner damals 11-jährigen Tochter allein in Wien. Ich wußte nicht wie ich es ihr erklären sollte. Wir hatten damals kaum Freunde in Wien und meine - und somit auch ihre - Familie lebt in Salzburg. Im Mai 99 hatte ich dann wieder einen Schub. Diesmal konnte ich meine linke Hand gar nicht gebrauchen - kontraproduktiv als Sekretärin Also pilgerte ich zu Prof. Vass. Er machte am nächsten Tag eine Lumbalpunktion und nahm mich stationär auf weil er meinte wenn der Befund positiv ist (ich also definitiv MS hab) sollte man gleich mit der Cortison-Therapie anfangen und es wäre wegen der Nachwirkungen der Punktion besser ich bleibe stationär. Ich lag also flach im Bett und dachte immer nur "es ist keine MS, es kann keine MS sein, es darf keine MS sein". Irgendwie hat man am Anfang ja nur den Rollstuhl vor Augen und totale Panik. Am Nachmittag kam dann ein junger Arzt mit einer Infusionsflasche ins Zimmer. Auf meine Frage was er mir da anhängen will meinte er das wäre die erste Cortisondosis. Ich hab daraufhin gesagt "Also ist es MS". Dem armen Kerl wäre fast die Flasche aus der Hand gefallen. Er war ganz entsetzt dass noch niemand mit mir gesprochen hat und wußte nicht wie er damit umgehen soll. Die erste halbe Stunde nach meiner Diagnosestellung war ich also damit beschäftigt den Turnusarzt zu beruhigen und die Tage danach vergingen im Cortisonrausch. Ich hab aber dann relativ rasch begonnen mich mit der Krankheit zu beschäftigen und festgestellt dass es viele Möglichkeiten gibt ganz gut damit klarzukommen. Mittlerweile spritz ich seit fast neun Jahren Rebif, geh immer noch auf meinen beiden Beinen und kann auch die Hände recht gut gebrauchen. Abgesehen von der Müdigkeit geht es mir recht gut - auch wenn ich momentan wieder mal in einem schwarzen Loch sitz - und ich habe vor dass das auch in den nächsten Jahren so bleibt!! Beschlossen und verkündet!!! LG velenya
Ja, lange ist`s her ... und doch wird man das sicher nie vergessen, den Augenblick, als sich das Leben veränderte.
Ich habe mich Anfang 2000 noch gewehrt, ins KH zu gehen, doch im Sommer hatte ich wieder Symptome, sodaß mein Doc sich durchsetze und ich auch aus Bammel ins KH ging. Meine Diagnose bekam ich, wenn ich manch andere (Leidens-)Geschichten lese, sehr schnell und problemlos. Innerhalb von der 1. Woche im KH mit allen Untersuchungen (Lumbalpunktion, MRT, VEP`s, etc. ) waren die Werte eindeutig, zumal es im Jahr 2000 schon die 2. Episode war und dann gabs Kortison. Doch daß es wirklich MS ist, erfuhr ich sozusagen auch nebenbei. Chefarztvisite und er sagte zu mir "Fr. B, es leben sehr viele Menschen bis ins hohe Alter sehr gut mit MS" ... und BUMMS, das war es dann. Der junge Arzt, der mich eigentlich betreute sah mein geschocktes Gesicht und es tat ihm auch sichtlich leid, daß er es mir noch nicht gesagt hatte. Er kam dann später mit einem Buch und einigen, netten Worten zu mir und stellte sich Fragen.
Je mehr ich dann von dem Buch gelesen hatte, was alles passieren konnte, desto schlechter ging es mir . Höhepunkt war, als ich mit einem Mitpatienten (damals rauchte ich noch und da trifft man eben immer die gleichen ) sprach und der nix von meiner Diagnose wußte, aber witzigerweise von einem Bekannten erzählte, der MS hatte und O-Ton "Mit der Zeit schwachsinnig im Kopf wurde". DAS war eindeutig zuviel, danach war ich erstmal so tief in einem Loch, daß ich zum Schlafen Beruhigungspillchen bekam und ein heulendes Elend war. Ärzte und Schwestern klärten mich dann etwas auf, aber das saß sehr tief ... das mußte verdaut werden und das dauerte ...
Ja, so war das damals und wie sollte ich das vergessen?
Als ich damals mit dem Bus nach Hause fuhr, aus dem KH, ich wohnte ja schon alleine, war gerade ins 2. Lehrjahr gekommen - ALLES war anders, ich kam mir vor, alles düste an mir vorbei und ich selbst befand mich in Zeitlupe und stiefelte durch die Welt.
Auch mußte ich erst lernen, daß MS nicht gleich Rollstuhl bedeutet, was ich zuerst natürlich auch dachte.
Mittlerweile habe ich einiges durch bei der MS, bin ein "alter Hase" geworden und bin bei weitem nicht mehr so panisch wie am Anfang, wo es irgendwo kribbelte und ich dachte, das ist ein Schub. Ich habe meinen Körper besser kennengelernt und bin ja auch so langsam dabei, den immer mehr zu schätzen (Rauchfrei seit 1,5 Jahren und bald nicht mehr so stark übergewichtig). Mein Leben hat sich geändert, aber auch viele gute Dinge sind seitdem passiert.
Ich bin sicher, es hat einen Grund, daß ich MS habe ... vielleicht, um mehr Geduld zu üben, und Dinge akzeptieren lernen und mehr positiv leben ... sich selbst annehmen und schätzen.
Wobei mir das auch alles nicht leicht fällt, wenn ich mir mit 31 mal wieder in die Hose mache (Stuhl), weil ich es einfach nicht halten kann und Analtampons versuche ich halt doch noch zu vermeiden, auch wenn es nicht immer geht.
kurze vorinfo - in meinem umfeld wusste ich von keinem dato, der ms hatte. auch im freundes und verwandtschaftkreis gabs die krankheit nicht. ich hatte also nichmal ne ahnung über symptome oder noch sonstirgendwas
hmm, ich erinner mich sehr genau an den tag. es war ein donnerstag, der 07.02.2008...
ich war seit sonntag im LKH graz stationär augenommen worden, eigentlich mit nem schweren migräneanfall, und hatte dann dienstags mal in auf nachbohren bei den ärzten hin erfahren, was nun denn in etwa sache sei. da meinten die noch, ja wahrscheinlich borreliose. da hatte ich die lumbalpunktion und CT inkl. Kontrastmittel (sonntag), sonogaphie (montag), schluckecho und gehirnstrommessen inkl, schachbretttest (dienstag) schon hinter mir. mittwoch kam dann die schädel-MR inkl Kontrastmittel. ich hab mir da noch nich viel gedacht, schließlich hatt ich kein internet im KH zur verfügung und irgendwie dacht ich naja, borreliose = hirnhautentzündung, meine symptome passten da doch auch drauf. und MR find ich was normales, hatte schon öfter welche.
und dann kam donnerstag - visite... die herrschaften ärzte so um mein bett rum, alle guggen so komisch, ne schwester nimmt meine beiden infusionen ab, die ich noch hätt kriegen sollen (was gegen viren und was gegen bakterielles) und ich gugg die und die ärzte so an. dann schaffts eine ärztin endlich zu sagen: "sie bekommen ab heute cortison - und der herr oberarzt möchte mit ihnen sprechen. jetzt." und das war die visite für mich...
irgendwie wurd mir schlecht, OA klingt nie gut... ne schwester hat mich dann zum OA gebracht und da saß ich dann. er hat dann ganz ruhig gemeint, sie wissen jetz was ich hab, nachdem er sich meine ganze geschichte nochmal hat erzählen lassen und mich nochmal untersucht hat - nach EDSS wie ich heute weiß. seine erste erklärung war einfach: ihr eigenes immunsystem greif ihre nerven an. und ihre krankheit ist nach heutigem stand unheilbar. und ich drauf: bin ich ansteckend? und ist es erbbar? und darf ich kinder kriegen? nach 2x nein und 1x ja, hat er dann gemeint, die lebenserwartung und forschung usw. und ich muss ab jetzt eben ein dauermedikament nehmen. und es gibt eben das nur in spritzenform und ja, welche intervalle und dass es subkultan und direkt muskel gibt und ich solle ihm sagen, was ich möchte. ich hab dann gmeint, naja unter die haut und einmal täglich is wohl s beste, da vergess ich wenigstens nich. da war ich noch ziemlich gefasst, hatte so gesehen keine ahnung, was er mir da eigentlich schon gesagt hatte. ich war eher erstmal froh in dem moment, dass ich kein hypochonder bin und nichts hab, wo ich sofort sterb dran...
und dann kam der satz: und es gibt auch einen medizinischen begrff für ihre krankheit - sie haben multiple sklerose"
in dem moment kamen die tränen, der boden war weg und mein atem stand still. ich geb zu, von der nächsten stunde weiß ich kaum was...
aber am nachmittag waren mein schatz und meine freunde bei mir, und da hab ich dann die ersten wirklichen infos bekommen. tags drauf hab ich die ärzte um bücher gebeten und langsam nahm die krankheit form an. mittlerweile hab ich so ziemlich alles gelesen, was mir lesenswert schien, hab meine freunde totgeredet und auch fast die gewöhnungs- und aufbauphase vom copa hinter mir, nen zweiten schub gehabt, den behindertenausweis bewilligt bekommen und eigentlich geht's mir meist ganz gut (zumindest seelisch). ich bin der meinung, naja, irgendwas haben sich die götter gedacht, als sie mir ms gaben - und irgendwann am ende meines lebens werd ichs wohl wissen. und bis dato ist meine ms kein grund, mein lebensbuch nicht weiterhin genauso bunt wie bisher zu beschreiben und bemalen!
aber der moment des ersten mal hören "sie haben multiple sklerose" sitzt noch immer tief und wen ich dran denk, komm ich wieder zum heulen...