Multiple Sklerose: Wie sage ich es Verwandten und Bekannten?:
Bei mir gibt es immernoch Verwandte und Bekannte die 7 Jahre nach der Diagnose nichts von meiner MS wissen. Dies liegt einerseits daran, dass ich zwar davon erzählt habe, diejenigen es aber scheinbar vergessen haben oder meinen ich bin wieder gesund. Andererseits fällt es mir schwer davon zu erzählen, weil ich mit den (betroffenen) Reaktionen meines Gegenübers nicht umgehen kann.
Wie habt ihr es Verwandten und Bekannten erzählt und wie waren die Reaktionen?
Liebe Tany, wie sage ich es meinen Verwandten, so wie ich es jeder Freundin auch sagen würde. Man merkt sehr schnell wie sie es aufnehmen werden ob sie es überhaupt wissen wollen. Scheu hatte ich nicht davor nur bei den ein oder anderen merkte ich es kam nie mehr eine Nachfrage von ihnen. Ich denke sie wussten nicht damit umzugehen.
Hallo ihr Lieben! Also, ich kenn das gar nicht! Mir ist es sogar wichtig, dass es Alle wissen. Ich hab Glück, denn keiner hat sich von mir abgewandt. Im Gegenteil, Freundschaft hat andere Dimensionen angenommen, und die Familie hat es mehr zusammen geschweisst...
Bei mir ginge es gar nicht anders, da sich leider Alle nach mir richten "müssen". Klingt egoistisch, aber leider ist es wahr und geht nicht anders...
Mir wär lieber ich könnt noch Alles allein....
Aber ich würd mit Einem nach dem Anderen erneut reden, denn die Kranheit ist ja da und sollte nicht weggeschwiegen werden... Das ist meine Meinung...
ich überlege mittlerweile vorher sehr genau, warum ich jemandem etwas erzähle. Es geht also um meine Motivation. 1.) Was erhoffe ich mir, wenn ich jemandem sage, dass ich MS habe. Denn manchmal ist es ja so, dass ich damit etwas erreichen möchte. Z.B: Verständnis, Rücksicht, Nähe herstellen, Vertrauen zeigen...oder was auch immer. 2.) Warum ist es mir also wichtig, dass jemand weiß, dass ich MS habe?
Ich weiß, das klingt jetzt nüchtern, aber mir hilft diese Vorgehensweise und vielleicht ist es für Dich eine Anregung!?
Aber jetzt mal von mir Butter bei die Fische: Die Reaktionen nach dem `MS-Outen´ war bei zwei Bekannten, dass sie nun eine Sensationsstory hatten, mit der sie anderen etwas Spektakuläres zu erzählen hatten.
Die Bandbreite der Reaktion reichte von Fassungslosigkeit, Rückzug von mir bis hin zu Bagatellisierung, Zuwendung und vertiefter Freundschaft. Alles in allem überwiegen deutlich meine positiven Erfahrungen.
bei mir stellt sich diese Frage nicht mehr, weil sich das verselbstständigt hat.
Am Anfang wollte ich das nimmer selbst machen, das sagen, weil ich dann auch erklären kann, was das überhaupt genau ist, etc. ... aber ja, das hat sich verselbstständigt. Manche, denen ich es gesagt habe, haben es weiter erzählt und damit war es wohl ein klein wenig wie stille Post.
Echt ätzend!
Aber, ich habe mich relativ gut damit arrangiert, am Anfang und irgendwann habe ich das nicht mehr so eng gesehen. Meine MS gehört zu mir, das will ich nicht mehr verheimlichen, vor niemandem.
Wenn mich jemand drauf anspricht, dann habe ich die Chance, meine Erfahrung mit meiner MS einzubringen, wenn nicht, dann müssen sie wohl dumm sterben.
Ich wollte eine Weile gern missionieren, aber das habe ich aufgegeben.
Ist Deine Familie so schlimm, dass Du es lieber verheimlichst?
Meine Seite der Familie ist ja eher klein, aber die Seite von meinem Mann ist größer. Aber meine MS ist da nicht wirklich ein Thema. Sicher, wenn es mir mal akut schlecht geht und das länger und größere Veränderungen anstehen ... wie vor 2 Jahren, als ich dann die Erwerbsminderungsrente beantragt habe und meine Arbeitszeit reduzierte. Dann spricht man halt mal wieder drüber, aber ansonsten wird da kein Hype drum gemacht.
Ich bereue nicht mehr, dass sie es wissen und bin froh, dass ich mich nicht verstellen muss.
Bei mir ist es so, dass der Familienteil meines Mannes meine MS irgendwie nicht realisieren will, als ich damals im KH die Diagnose bekommen habe, hat mein Mann seiner Familie davon erzählt, ich hab aber auch keine Lust viel mit ihnen drüber zu reden. Demnächst steht wieder eine Ganztages-Familienfeier an und wenn es an dem Tag sehr heiß ist, werde ich wohl wieder schlapp machen. Weil mir alles immer zu anstrengend ist, halten die mich bestimmt schon für eine Laschheimerin.
Außerdem stellen sie uns derzeit immer wieder die Frage nach Kindern, mein Mann ist Diabetiker, ich hab MS und wir sind nicht mehr die Jüngsten und haben uns deswegen "gegen" Kinder entschieden. Wenn das Gespräch mal wieder in Richtung "Nachwuchs" geht könnte ihr relativ problemlos einfliesen lassen, das es wohl keine gute Idee wäre Kinder zu bekommen wenn BEIDE eine Autoimmunkrankheit haben und das ich MS habe. Ich denke, bei nächster Gelegenheit werde ich wohl auspacken müssen *seufz*.
Ich werde mir hierfür Edwinas Worte zu Herzen nehmen:
ZitatWas erhoffe ich mir, wenn ich jemandem sage, dass ich MS habe. Denn manchmal ist es ja so, dass ich damit etwas erreichen möchte. Z.B: Verständnis, Rücksicht, ....
Ich hab auch noch ne Reaktion von meiner Familie: Meine Cousinen sind jedes mal wenn sich mich sehen regelrecht fast enttäuscht, dass ich immernoch keinen Rollstuhl brauche. Meine Oma haben sie schon gefragt, ob ich mir mit der MS sicher bin, sie glauben mir nicht weil ich ja immernoch laufen kann. Glücklicherweise sehe ich sie nur alle paar Jahre. Bei einer der Cousinen bestand übrigens vor ein paar Jahren auch Verdacht auf MS, sie müssten also eigentlich über die Krankheit und ihre Auswirkungen im Bilde sein.
Im Bekanntenkreis hat sich die Nachricht von meiner MS als Sensationsmeldung ausgebreitet, ich bin immer wieder erstaunt, wer so alles davon weiß. Für mich ist das aber grundsätzlich ok, dann brauch wenigstens ich nicht davon erzählen.
also ich hab gleich nach der Diagnose Mal eine SMS an alle geschrieben, denen ich es erzählen wollte, damit sie sich Mal damit abfinden können. Denn alle haben ja geglaubt, es ist was ,, Harmloses". Wollte sie nicht gleich anrufen, da ich denke, für die wars auch ein Schock. Hab dann gewartet und nach und nach haben sich alle gemeldet, und mich gefragt, um was es genau geht in der Krankheit und wies mir geht usw......
Nur von einer ,,Freundin" bin ich sehr sehr sehr enttäuscht. war 3 Tage, bevor ich ins KH gekommen bin (mit dem Grund, dass ich einen ,,Punkt im Hirn" habe) bei ihr.. Da hat sie mir schon nur so halb zugehört und sie hat sich nicht ein Mal gemeldet, als ich im KH war. anscheinend hatte sie was Besseres vor... Und seit dem (war Mitte April) - Funkstille. Mails bekomm ich zwar noch, aber nur Funmails und so. Also weiß sie noch gar nichts von der Diagnose.. Auch traurig. Aber da sieht man Mal, was wahre Freunde sind.
Ich glaub, wenn man es seinen Lieben erzählt, kommt es auch viel drauf an, wie man selber damit umgeht... Ich glaub, wenn man eher positiv drüber redet, dass die Mitmenschen auch gleich positiver an die ganze Sache rangehn. Wenn man zb. gleich von Rollstuhl etc. redet, ist das sicher nicht so angenehm für die Leute......
Nee, nee vom Rollstuhl rede ich eher nie. Bei mir ist es meist so, dass ich mein Gegenüber erstmal aufklären muss um was es geht (kein Muskelschwund...) und dann beruhige, wenn es um die Auswirkungen geht. Das fällt mir jetzt - nach sieben Jahren mit der MS - natürlich leichter als frisch nach der Diagnose.
Melde mich wieder einmal kurz zum Wort, bevor ich für 3 Wochen in den wohlverdienten Urlaub fahre!!
Meine Diagnose wurde 1997 bestätigt und daraufhin wusste ich momentan nicht wie ich reagieren sollte - ihr wisst schon, verleugnen, explodieren, gefasst sein und akzeptieren............
Da ich leidenschaftliche Tennisspielerin, Tänzerin (Jazz Dance, Latein..) und Joggerin war, merkten unsere Freunde natürlich sofort, da ist was im Busch - sie wussten nicht einmal, dass ich im KH war - mein Mann hat niemandem etwas gesagt, auf meinen Wunsch hin! Als ich das erste Mal wieder am Tennisplatz erschien oder ans Telefon ging, musste ich einfach sagen, was Sache ist - die Reaktionen waren total unterschiedlich - zurückgezogen hat sich niemand, aber MS war für manche so wie Bandscheibenvorfall (fahr doch mal auf Kur und dann gehts dir wieder gut!!!!!), manche (böse Zungen) dachten, MS sei wie ein Schlaganfall oder chronischer Dachschaden!!!
In meiner Familie herrschte mehr Anarchie, meine Mutter sprach nicht darüber, weder mit mir noch mit sonst jemanden, mein Vater machte sich Vorwürfe, da er dachte, es ist eine Erbkrankheit und sie könnte von ihm übertragen worden sein, mein Bruder wusste gar nichts damit anzufangen und hat mich halt immer (wenn wir uns gesehen haben - nicht am Telefon - telefonieren was ist das?) gefragt, wie es mir geht - was auf Dauer anstrengend war! einzig meine Schwester hat sich hingesetzt und recherchiert, was MS ist, heilbar oder nicht, etc.; sie hat auch den Vorteil, dass ihre Schwägerin Ärztin ist (mittlerweile meine TCM-Ärztin, der ich viel zu verdanken habe!!!)
Die Familie meines Mannes hat mich mittlerer Nichtachtung reagiert, d.h.: wenn ich da war, wurde ich von ALLEN Arbeiten verschont, bekam aber immer das Gefühl vermittelt, sie ist ja angeblich krank, darum müssen wir für sie mitarbeiten!!!! (Mitarbeiten = Grillen, Salat machen, etc. )
Ich schaue nicht krank aus: gehe aufrecht, hinke nicht, schiele nicht, habe keinen Buckel, auch keinen Kropf, mir fallen keine Haare aus, ich habe keinen Gips oder Verband, sitze nicht im Rollstuhl - kurz gesagt, nach aussen hin eine gesunde Frau !
Aber am Anfang brachten mich einige sogenannte Freunde oder auch nur Bekannte dazu, dass ich mir wünschte, meine Krankheit sollte für jeden ersichtlich sein. damit ich mich nicht immer rechtfertigen muss!
Nach kurzer Eingewöhnung habe ich gesagt, Leute ich habe MS - aber die MS hat mich nicht! Ihr braucht nicht um mich "herumzueiern", wenn ihr was wissen wollt, dann fragt mich einfach! Und wurde so mehr oder weniger dadurch gezwungen mich über MS "schlauer" zu machen, als das was man im KH oder von den Neurologen als Info bekommt!
Und jetzt nach 12 Jahre ist es für mich selbstverständlich mit anderen, auch wildfremden Menschen, die ich kennenlerne über die MS zu sprechen und ist es einfach immer wieder erstaunlich, wie sich diese Menschen dann ebenfalls öffnen und wieviel Freundschaften schon dadurch zustande gekommen sind!
Deshalb wünsche ich euch ALLEN, dass ihr den MUT habt und eurer Familie und euren Freunden von der MS erzählt und diejenigen darunter, die sich "blöd" äußern oder auch daran zweifeln, gehören sicher nicht zu den Menschen, mit denen ihr euch umgeben sollt oder die es gut mit euch meinen!!!
Zitat von LinzerOmaMelde mich wieder einmal kurz zum Wort, bevor ich für 3 Wochen in den wohlverdienten Urlaub fahre!!
Na dann mal einen wunderschönen und erholsamen Urlaub für Dich, liebe LinzerOma! [/offtopic]
Tja, ich melde mich auch mal zu dem Thema, obwohl meine Vorgehensweise in dieser Sache wohl eher eine Ausnahme ist: Ich habe direkt nach der Diagnose meine engsten FreundInnen eingeweiht. Einige waren betroffen, haben sich bei mir genauer über die Krankheit informiert und tun das heute noch. Andere haben es zur Kenntnis genommen, waren zwar auch betroffen, haben aber kaum weiter nachgeforscht, was denn das wirklich ist was ich da habe. Dadurch war dann auch bei diesen Menschen keine Rücksichtnahme auf mich zu erwarten. Mittlerweile sind diese FreundInnen für mich Geschichte, weil ich erstens sehr wohl in gewissen Dingen durch die MS auf Rücksicht angewiesen bin und zweitens, weil durch das Leben mit der MS sich meine Interessen und Ansichten verändert haben.
Als ich dann das Forum eröffnet habe wurde es immer mehr so, dass ich sehr offen mit allen die ich kennenlernte und -lerne über meine MS spreche. Wenn ich mit wichtigen Institutionen für MS-Erkrankte in Kontakt trete um irgendwelche Projekte oder Hilfen für Menschen mit MS anzuleiern, dann bin ich natürlich so offen und rede auch über meine MS. Und durch die Arbeit in einem Zentrum für Menschen mit Behinderungen komme ich auch immer wieder in Situationen, wo ich über die MS sprechen WILL, weil ich durch die MS einen kleinen Einblick in die Welt eines Menschen mit Behinderungen habe und somit auch versuche meine KollegInnen für gewisse Themen zu sensibilisieren.
Meine Verwandten wissen, dass ich MS habe, doch ich habe sehr selten Kontakt mit ihnen. Im Prinzip ist es mir egal, was sie darüber denken, doch wenn sie mich darauf ansprechen würden, würde ich genauso offen alles darüber erklären. Bekomme ich vernünftige Reaktionen ist es gut. Bekomme ich diese nicht, dann hat sich das Thema und auch die Verwandtschaft wieder für mich erledigt. Das ist vielleicht eine sehr strenge Sichtweise (welche eben auch für FreundInnen bei mir gilt), doch ich denke immer so: Entweder ich werde auch mit der MS und allen meinen Bedürfnissen durch sie akzeptiert oder eben nicht. Gleiches gilt für mich in Sachen Job. Sollte ich mal einen neuen suchen, dann würde ich auch so handeln und von der MS erzählen. Wer mich damit nicht will hat selber Pech und verliert die Gelegenheit auf eine qualifizierte Mitarbeiterin. Basta.
Und zusammenfassend eben: Was habe ich zu verlieren, wenn ich offen über die MS spreche? Nur Menschen, die mich nicht mit MS akzeptieren können. Und die brauche ich so sehr wie einen Pickel auf der Nase!